Ich nicht! Die Frage ist, ob es eine andere schillernde Persönlichkeit sein wird? Ein Landespolitiker? Vielleicht ist es gar der derzeitige Bundesparteiobmann, Außenminister Michael Spindelegger? Fast alles ist möglich.
Für Spindelegger spricht, dass wir ihn noch nicht vollständig einschätzen können. Einfach, weil wir sein politisches Profil als Budesparteiobmann und Vizekanzler noch nicht zur Gänze kennen. Er wirkt manchmal hin und her gerissen zwischen einem Koalitionsabkommen, das er mittragen muss, und dem Wunsch die Österreichische Volkspartei neu positionieren zu wollen.
Als Aussenminister hat er die Verwalter und Bewahrerrolle fortgesetzt: Viel Kontinuität im Einklang mit den Verbündeten, weil das Österreich immer gut getan hat. Bestes Beispiel die zögerliche und abwartende Haltung ehe er in New York tatsächlich Stellung nimmt zum Antrag Palästinas auf UN-Vollmitgliedschaft. Unglücklich und enttäuschend die Koordination der Ministerien in der causea Michail Golovatow; viel zu zurückhaltend Spindeleggers Reaktion auf das Veto der Türkei als Ursula Plassnik für den Posten der OSZE-Generalsekretärin nominiert war. Ein Sieg auf allen diplomatischen Ebenen ist die befristete Rückkehr des Arztes Adelsmayr nach Österreich.
Doch Spindelegger wird an seiner Leistung als Bundesparteiobmann gemessen werden und am Ausgang der nächsten Wahlen. Beides ist eng verflochten mit der Frage, wie er die ÖVP aus dem Korruptionssumpf „Telekom“ führen wird? Wenn Spindelegger tatsächlich „schonungslose Aufklärung“ möchte, wie er oftmals betonte, dann wird er sich persönlich für einen Untersuchungsausschuss in der Telekom-Affaire einsetzen müssen. Ohne wenn und aber. Voraussetzung ist allerdings, dass wir die Zusammensetzung und die Arbeitsweise der U-Ausschüsse reformieren. Sie sind zu Neu-Interpreten von bereits bekannten Informationen verkümmert. Die Befürchtung ist allerdings, dass wir koalitionäre Einigkeit präsentiert bekommen, die besagt: Weder ist ein Telekom- noch ein Inseraten-Untersuchsausschuss wirklich notwendig. Wer Aufklärung will und Budesparteiobmann ist, der muss auch für Aufklärung sorgen.
Unübersehbar problematisch ist die Zwangsehe mit den österreichischen Sozialdemokraten. Auf Eiszeit und Stillstand folgen dann wieder heiße Dabatten, die Wahlkampfstimmung verbreiten. Sowohl die Wehrpflicht-Diskussion als auch die unterschiedliche Haltung zu Studiengebühren lassen sich hinter den Kulissen besprechen. Der Öffentlichkeit soll dann ein Kompromiß präsentiert werden, der auch tatsächlich umgesetzt wird. Gibt es keine Einigung, dann wird der Wähler bei den nächsten Wahlen entscheiden, welches Konzept ihm eher zusagt. Dasselbe gilt für die Reichen-Steuer: Sie könnte in eine umfassende Steuerrreform eingegliedert werden oder eben nicht. Die Finanzministerin ist gefordert einen tauglichen Entwurf zu präsentieren und nicht die Reichen-Steuerreform mit dem Koalitionspartner über die Medien zu diskutieren.
Neu positionieren heißt auch abspecken. Die Österreichische Volkspartei soll sich auf weniger Themen konzentrieren und sich klar und unmißverständlich dazu äußern. Die Partei ist weder finanziell noch personell so gut aufgestellt, dass sie sich als Grosspartei fühlen darf. Trotzdem hängt sie immer noch dieser Illusion nach. Das führt unweigerlich zu grossen und immer grösser werdenden Enttäuschungen. Auch beim Wähler. Er möchte vorallem folgende Ressorts in ÖVP-Hand sehen: Wirtschaft und Finanzen, Umwelt, Familie und Bildung. Darauf müssen alle verbleibenden Kräfte ausgerichtet werden.
Wer die ÖVP zu einer angesehenen und kompetenten, mittelgroßen österreichischen Volkspartei führen kann, ist Budesparteiobmann Michael Spindelegger. Nicht, weil er sich bereits einzigartig bewährt hat oder weil er bereits die besten Konzepte präsentiert hat, sondern, weil jede Führungsdebatte die österreichische Volkspartei momentan in der (politischen) Mitte zerreissen würde.