Donald Trump, amerikanischer Unternehmer und designierter 45. Präsident der Vereinigten Staaten © pixabay

US-Wahlen: Der Hass siegt über die Vernunft

Geld, Machtgier und mysteriöse Todesfälle pflastern den politischen Weg der Clintons. Haben wir den Hass auf die politische Elite unterschätzt?

Natürlich: Das politische Establishment, weit über die Grenzen der Vereinigten Staaten hinaus, ist erschüttert. In den USA hat die Demagogie die politische Erfahrung ausgehebelt. Der Glaube an die politische Tradition wurde abgewählt. Die Niederlage von Hillary Clinton kommt selbstverständlich überraschend, doch ihre Ursachen haben eine lange Geschichte. Sie hat weniger mit dem Wahlkampf zu tun, schon gar nicht mit den TV-Duellen oder den unendlichen Debatten rund um die E-mail-Affairen, viel mehr mit einer großen Unzufriedenheit gegenüber Machtapparaten, die für die meisten Bürger immer undurchschaubarer werden. Nicht nur in den USA , weltweit.

Zu wenig Transparenz schürt Misstrauen, und sobald proklamierte politische Veränderung nur einen Wechsel der Hauptdarsteller zur Folge hat, die sich schon bald wieder dem alten System und seinen Spielregeln verpflichtet fühlen, steigt die Unzufriedenheit und öffnet Quereinsteigern mit bedenklichen Charakterzügen die Tür ins Oval Office. Nur deswegen hat der goldblonde Ahnungslose gewinnen können.

Mit Hillary Clinton hat keine schlechte Wahlkämpferin verloren, kein unerfahrener Wahlkampfmanager schwere Fehler begangen; das Problem des ehrgeizigen Machtmenschen Hillary Clinton war und bleibt ihre Nähe zum Establishment, dem sie über Jahrzehnte hindurch gedient hat.

Sie ist der Anziehungskraft von Macht und Geld erlegen, konnte sich dieser beherrschenden Wechselwirkung nie entziehen. Allerdings: Sie wollte sich diesem Macht-Geld-Zyklus auch nicht entziehen, schließlich wollte sie gemeinsam mit ihrem Ehemann den politischen Lebenstraum verwirklichen. Das setzte voraus zur politischen Elite dieser „Stars and Strips – Weltmacht“ zu gehören. Nur so war es möglich tatsächlich zur politischen High Society dieser Weltmacht emporzusteigen, sich einzubringen, mit allen Konsequenzen, möchte sie es bis zur Spitzenkandidatin für die Präsidentschaft schaffen. Und sie hat es geschafft.

Doch wer sich der politischen Elite dieser überschätzten Weltmacht mit persönlichem Kalkül annähert, der ist ihr auch sehr bald verpflichtet. Das ist die logische Konsequenz aus politischer Zielstrebigkeit, aus dem vielzitierten amerikanischen Traum, der aus der Frau, die einmal Fische reinigte, eine Präsidentschaftskandidatin machte, und aus dem dem Müllsammler Bill Clinton den 42. Präsidenten der Vereinigten Staaten. Der Weg dorthin war unvorstellbar hart, er war nur mit beispiellosem Ehrgeiz zu meistern; er zeugt von unglaublichem Durchhaltevermögen einerseits, und, wenn wir unzähligen Skandale herausgreifen, auch von einzigartiger Skrupellosigkeit. Alles geschieht und geschah im unwiderstehlichen Sog von Macht und Geld, im Sog der gefährlichsten Droge, der die politischen Elite nie wirklichen entkommen kann. Nichts sollte, durfte oder schien die Clintons aufhalten zu können.

Hillary hatte zudem ausgezeichnete Verbindungen zu mächtigen und einflussreichen Politikern, zu den Edelmans oder zu Senator Fritz Mondale. Und kaum waren die ersten Zehntausend Dollar schnell verdient, wurde der Einsatz erhöht, verdoppelt oder gar verdreifacht, um politisch punkten zu können. Dabei mussten die Wahlkampfkassen (natürlich) immer prall gefüllt sein, um dem politischen Traum ein Stück näher kommen zu können. Trotzdem verlor Bill Clinton seinen Kampf um einen Sitz im Repräsentantenhaus (1974). Woher die gigantischen Wahlkampfspenden wirklich kamen, lässt sich heute genauso wenig nachvollziehen wie damals.

Sicher ist, um an dieser Stelle nur eine Geschichte herauszugreifen, dass der Pilot Barry Seal, ein bekannter CIA-Agent und Drogenschmuggler, 1982 von der Anti-Drogen-Behörde (DEA) nach Arkansas versetzt wurde. Nach eigenen Angaben hatte er, in Geheimverstecken von diversen Flugzeugen, Kokain von Kolumbien nach Mena (Arkansas) geflogen. Er war Kronzeuge der Anti-Drogen-Behörde und hätte der Grand Jury in Arkansas darlegen sollen, welchen Zusammenhang es zwischen dem CIA und seinen Schmuggelaktivitäten tatsächlich gegeben hat. Doch dazu sollte es nie kommen. Im Februar 1986 wurde Barry Seal in Baton Rouge (Louisiana) auf offener Straße erschossen*. Angeblich von Kolumbianern. Bill Clinton hatte zu dieser Zeit schon längst im Gouverneurssessel von Arkansas (1983- 1992) Platz genommen.

Im Brennpunkt der Medienberichterstattung standen zur selben Zeit die Geschäfte namens „Billary“.

Dabei ging es in erster Linie ging um das Unternehmen „Arkansas Development Finance Authority“ (ADFA), um Drogengelder in Millionenhöhe. So weit konkrete Anschuldigen heute noch nachvollziehbar sind, ist Kokain aus Kolumbien über den Flughafen Mena in Arkansas regelmäßig in die USA gelangt. Die lukrativen Einnahmen, wurden über eine Bank in Florida nach Georgia und letztendlich auf ein Konto in New York überwiesen, ehe sie auf diverse Offshore-Konten verschoben wurden.

2001, als die Amtszeit des 42. US-Präsidenten der Vereinigten Staaten Bill Jefferson Clinton zu Ende ging, konnte sich Herr Roger Clinton über eine sogenannte ´präsidiale Begnadigung´ freuen. Der Halbbruder des noch amtierenden US-Präsidenten wurde 1985 wegen Kokainbesitzes zu einem Jahr Haft verurteilt. Dank der Intervention des Präsidenten ist sein Vorstrafenregister nun wieder schneeweiß.

Unzählige Geschichten, Intrigen und Skandale ranken sich um die Mächtigsten der Mächtigen. Nicht nur in den Vereinigten Staaten. Viele sind überzogen bzw. haben mit den Fakten glücklicherweise weniger zu tun als man auf den ersten Blick vermutet, aber sie begleiten die politischen Eliten seit Jahrzehnten. Daraus sind Zweifel, Misstrauen und Hass entwachsen.

Den konkreten Hass auf das amerikanische politische Establishment haben wir und alle Meinungsforscher gewaltig unterschätzt. Ansonsten wäre es nicht dazu gekommen, dass ein unqualifizierter Blender, ungebildet und vulgär, oberflächlich und frauenverachtend, so eindeutig über Kompetenz und politische Erfahrung siegen kann. Ein reicher Hochstapler, der Europas Vorurteile gegenüber den USA, ob berechtigt oder nicht, eher bekräftigt, auf keinen Fall aber zerstreut.

Ob wir uns noch wundern werden? Darüber, in welche Richtung sich die Weltpolitik künftig entwickeln wird? Es ist zu befürchten, gleichzeitig hoffen wir auf den Einfluss der erfahrenen Berater, die mehr denn je gefordert sein werden an der Seite eines aufgeblasenen Hochstaplers.

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* Barry Seal arbeitete mit Eugene Hasenfus zusammen, der am 5. Oktober 1986 über Nicaragua in einem Frachtflugzeug vom Typ Fairchild C-123 abgeschossen wurde. Die Maschine gehörte bis zu seinem Tod Barry Seal. Der Zwischenfall hatte maßgeblichen Anteil an der Aufdeckung der Iran-Contra-Affäre.

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