09 Oct 2015, Vienna, Austria --- Wien, Austria. 9th October 2015 -- Michael Häupl, mayor of Vienna speaks to the audience. -- The SPO party (Social Democratic Party), held its final campaign rally ahead of the elections of a new mayor on the 11th of October in Vienna. --- Image by © Martin Juen/Demotix/Corbis

Michael Häupl: „Beglaubigung nicht mehr notwendig“

Österreichs Fremden- und Einbürgerungspolitik hat immer nur das Ziel verfolgt, Missbrauch zu verhindern. Daran hat sich auch der Gesetzgeber orientiert. Das Ergebnis kann sich nicht sehen lassen. Bürgermeister Michael Häupl ist gezwungen, die Dinge gegenüber www.nachrichten-politik.at klarzustellen.

Wer aus dem Fernen Osten kommt und auf legalem Weg in Österreich einreisen möchte, der wendet sich an eine österreichische Auslandsvertretung, an die zuständige österreichische Botschaft. Hier wird entweder ein Touristen- oder ein Arbeits-Visum ausgestellt. Natürlich nur nach genauer Prüfung aller Dokumente und nachdem der Antragsteller auch glaubhaft versichert hatte, dass er nach seinem Österreich-Besuch wieder in seine  Heimat zurückkehren wird. Alles wird auf Herz und Nieren geprüft: die Geburtsurkunde, die Staatszugehörigkeit (oftmals mit einer beigelegten, notariell-beglaubigten Übersetzung), der familiäre Hintergrund, seine Beweggründe, die finanziellen Möglichkeiten und Voraussetzungen für seine Österreich-Reise.

Zugegeben: Bei einem Ehepartner ist es leichter, sobald die Heiratsurkunde auch die größten Skeptiker in der Botschaft überzeugt hat.  Nur ein Original kann ein Original sein!  In Österreich angekommen kann der Ehepartner sich dann um einen anderen  sogenannten “ Aufenthaltstitel“ bemühen. In einem solchen Fall liegt es auf der Hand, den „Antrag auf Niederlassungsbewilligung“ zu stellen. Dass  dafür  wieder die verschiedenste Originaldokumente von Staatsbürgerschaftsnachweis bis Geburtsurkunde, von Heiratsurkunde bis zu einem aktuellen Führungszeugnis, von einem eventuellen Mietvertrag bis hin zu einem möglichen Einkommensnachweis vorgelegt werden müssen, ist logisch und verständlich zugleich.

In den folgenden Jahren geht dann Alles seinen ganz normalen Weg: der eingewanderte  Ehepartner besucht die diversen Deutschkurse, versucht sich in die Gesellschaft zu integrieren und auch beruflich Fuß zu fassen. Alles gemäß seinen Möglichkeiten und Fähigkeiten. Die Niederlassungsbewilligung wird jährlich verlängert, die notwendigen Dokumente jedes Mal erneut geprüft.

„Nach“ – so  der Gesetzestext des Staatsbürgerschaftsgesetzes 2006 – „sechsjährigem, rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt in Österreich“ und nach fünf Jahren Ehe ist es dann möglich den Einbürgerunsantrag zu stellen,  kurzum die österreichische Staatsbürgerschaft zu beantragen. Dafür ist dieselbe Magistratsabteilung  (MA 35) zuständig, die in den Jahren zuvor immer wieder die verschiedensten Dokumente geprüft hat und die  Niederlassungsbewilliging genehmigt bzw. verlängert hat. Sofern alle Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllt sind, wird der Antragsteller dann noch aufgefordert die Echtheit der vorgelegten Orginaldokumente zu beweisen. Das geht am besten durch eine „Haager Apostille“ (Diplomatische Beglaubigungsform im internationalen Urkundenverkehr).

In anderen Worten: Es sind nun Zweifel aufgetaucht, ob ein Original auch tatsächlich (noch) ein Original ist. Was jahrelang als Original akzeptiert wurde, muss  nun auf seine Echtheit oder Originalität  überprüft werden. Und zwar von der jeweiligen Ausstellungbehörde in der Heimat des Antragstellers. Dort soll das mutmaßliche Original hingebracht werden, und zwar nur das Original, weil sich ja nur ein Original als Original bestätigen lassen kann. Sehr originell! Sobald die Haager Apostille alle Zweifel beseitigt hat, wird noch einmal die zuständige österreichische Botschaft eingeschalten. Sie muss dann überprüfen, ob der Prüfer (der die Haager Apostille ausgestellt hat) auch bei ihnen in der Liste aufscheint, also als Prüfer akzeptiert werden kann.

Der Staatsbürgerschaftsantrag hat nun (bei ein und derselben Magistartsabteilung/MA 35)   die Originaldokumente in einem neuen, nicht so eindeutigen Licht erscheinen lassen. Indirekt wird die Frage in den Raum gestellt: Sind es wirklich Originaldokumente?

Der Verdacht liegt nahe, dass hier von ein und derselben  Magistratsabteilung mit zweierlei Maß gemessen wird. Doch selbst bei der Volksanwaltschaft in Wien, im Büro von Mag. Terezija Stoisits, erklären die Juristen, „dass es sich hier um zwei verschiedene Anträge (1. Niederlassungsbewilligung, 2. Einbürgerunsantrag) handelt, die nicht miteinander verglichen werden können“. Trotzdem erklärt sich die Volksanwaltschaft bereit, den Wiener Landeshauptmann und Bürgermeister von Wien, Michael Häupl, um eine Stellungnahme zu bitten.

Zweifelsfrei handelt es sich um zwei verschiedene  Anträge. Aber – so mein Menschenverstand – es werden die gleichen Dokumente verlangt:  Originaldokumente!

Einige Wochen später erklärt der Wiener Landeshauptmann und Bürgermeister von Wien, Michael Häupl, in einer schriftlichen Stellungnahme an www.nachrichten-politik.at:

„Die MA 35 wird im Verfahren zur Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft von der Einbringung der diplomatischen Beglaubigungen absehen, sofern bereits in einem Vorverfahren im Fachbereich Einwanderung die besagten Dokumente ohne Beglaubigungen vorgelegt und akzeptiert wurden. Zur Prüfung wurde der Verwaltungsakt des Fachbereiches Einwanderung angefordert.

Grundsätzlich wird in der gesamten MA 35 bei neuen Verwaltungsverfahren die Vorlage von beglaubigten Personenstandsdokumenten verlangt. Sollten  jedoch bereits in einem Vorverfahren Urkunden ohne Beglaubigung vorgelegt worden sein, so wird im Interesse der Kundinnen bzw. Kunden vom Einbringen der Beglaubigungen abgesehen. „

Die Volksanwaltschaft ergänzt:

„Ihr Beschwerdevorbringen, wonach die MA 35 bei Aufenhalts- und Einbürgerungsverfahren mit zweierlei Mass messe, konnte somit nicht bestätigt werden.“

Gut so.

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