Miguel Díaz-Canel soll Raúl Castro 2018 als Staatschef von Kuba nachfolgen. Auch Revolutionsführer Fidel Castro ist damit einverstanden. Doch wer ist Miguel Díaz-Canel?
Seitdem Raúl Castro offiziell seinen Nachfolger präsentiert hat, ist der Name Miguel Díaz-Canel mehrere Millionen Male gegoogelt worden. Sein Lebenslauf ist schnell abgehandelt und nicht außergewöhnlich aufregend:
Der gelernte Elektroingenieur war Funkspezialist bei den kubanischen Streitkräften, als Professor unterrichtete er an der Universität von Las Villas. Parallel dazu war er ein braver Kommunist, ein loyales Mitglied der kommunistischen Partei: Parteichef in der Provinz Villa Clara, Mitglied des Politbüros, Minister für Hochschulbildung (seit 2009), einer von acht Vizepräsidenten des Ministerrates (seit 2012). Und nun Kronprinz der Castro-Brüder.
Aber wer steckt hinter diesem mustergültigen kubanischen Curriculum Vitae? Wer ist der Paradekommunist Miguel Díaz-Canel? Als Fidel Castro 1959 die Macht übernahm, war er noch nicht einmal auf der Welt. Und wenn er 2018 tatsächlich den Castro-Brüdern nachfolgt, ist er der erste Staatschef Kubas, der nach der Revolution geboren wurde. Das ist ähnlich bemerkenswert wie sein Alter. Der 52 jährige Miguel Díaz-Canel wirkt wie ein Jungbrunnen neben dem 81 jährigen Raúl Castro und neben dem kranken, kreisen Revolutionsführer Fidel Castro (86). Dass Fidel auf der Nationalversammlung im Februar 2013 physisch anwesend war, verdeutlicht, selbst der Revolutionsführer erteilt dem Kronprinzen seinen politischen Segen.
Kronprinz Miguel Díaz-Canel eilt der Ruf voraus, intelligent und weltoffen zu sein. Im Familienkreis gibt er sich witzig und locker, seine Gegner werfen ihm vor, kein Charisma zu haben und humorlos zu sein. Nach außen wirkt der grau melierte Ex-Minister cool, fast schon glatt, eher wie ein Top-Manager. Trotzdem bleibt er ein Ziehsohn des Kommunismus. Wer seinen Reden lauscht, der braucht viel Zeit und noch mehr Geduld. Auch die kleinsten Ansprachen sind gut durchdacht, penibel aufgebaut und sehr langatmig. Kein Randthema wird ausgelassen, kein Aspekt vergessen. Jede Ansprache muss weltumspannend und thementrächtig sein. Bis er zum Kern seiner Rede vorgedrungen ist, sind Ausdauer und Konzentrationsfähigkeit seiner Zuhörer bereits bis aufs Äußerste geprüft worden. Nur wer Miguel Díaz-Canel wirklich liebt, der kann auch seine Reden lieben.
Dass er zum Kronprinz Kubas emporsteigen durfte, verdankt er in erster Linie Raúl Castro, der ihn langsam, systematisch und bedacht aufgebaut hatte. Natürlich auch, um am Nationalkongress betonen zu können, Miguel Díaz-Canel sei kein Emporkömmling. Trotzdem hat er den letzten Schritt an die Spitze Kubas noch nicht geschafft. Und die internationalen Medien werden auch nicht müde, immer wieder alte Fälle von gescheiterten möglichen Kronprinzen auf dem Inselstaat Kuba auszugraben:
Unter ihnen Carlos Lage, der ehemalige Vizepräsident. Er war mitverantwortlich für Kubas Wirtschaftsreformen der neunziger Jahre. Schließlich hoffte er, ganz Kuba öffnen und modernisieren zu können. Doch Fidel Castro machte die Pläne seines Lieblingsschülers zunichte und erklärte in einem kurzen Beitrag in der Parteizeitung Gramma: „Carlos Lage hat zu viel vom Honig des Ehrgeizes genascht.“ Ähnlich abrupt endeten die Präsidententräume von Roberto Robaina, der 1993 von Fidel Castro völlig überraschend zum Außenminister ernannt wurde und schon als Nachfolger des Revolutionsführers gehandelt wurde. Doch sechs Jahre später wurde er aus dem Amt entlassen. Die Begründung war nichtssagend: „Dieser Bereich bedarf einer tieferen, rigorosen, systematischeren und anspruchsvolleren Bearbeitung“. Warum Roberto Robaina so plötzlich aus dem politischen Rampenlicht verschwinden musste, ist bis heute unklar. Von offizieller Seite war zu hören: „Die Partei hat nun eine neue Aufgabe für ihn.“ Robaina wurde Parkwächter in Havanna. Im Jahr 2002 ist er wegen „Illoyalität zur kubanischen Revolution“ aus der Kommunistischen Partei Kubas (PCC) ausgeschlossen worden.