Der „geliebte“ Führer Nordkoreas, Kim Jong-il, stirbt im Alter von 69 Jahren an einem Herzinfarkt. Im Nordkoreanischen Fernsehen wird die Todesmeldung unter Tränen verlesen. Der abgeschottete kommunistische Staat trauert. Mit ihm trauert auch die Sportwelt. Sie verliert das vielleicht größte Golfgenie unserer Zeit.
„The Korean Central News Agency“, die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA, meldete heute Morgen, Staatschef Kim Jong-il sei nach „großem mentalem und physischem Leiden dahingeschieden“. Doch diese Übersetzung wird dem Staatschef nicht wirklich gerecht. Gemeint war: „Kim Jong-il ist während einer Zugfahrt an körperlicher und geistiger Überarbeitung und Ermüdung gestorben“. Kurzum: Der „Große Führer“ führt nicht mehr, „die Sonne der Menschheit“ ist für immer untergegangen oder der „Himmelgeborene“ ist vielleicht an seinen Ursprungsort zurückgekehrt.
Vergessen wir nicht, dass Kim Jong-il 1942 in einem anti-japanischen Widerstandscamp auf dem Heiligen Berg Paekdu in Korea geboren wurde. Dort soll es in der Nacht seiner Geburt ungewöhnliche Himmelserscheinungen gegeben haben. Nach Ansicht westlicher Experten wurde er aber bereits 1941 in einem Trainingslager der sowjetischen Armee bei Chabarowsk in Sibirien geboren, wo sein Vater und Vorgänger, der “Ewige Präsident” Kim Il-sung, diente.
Sicher ist, dass er viele Beinamen hatte und, dass sein Bild und das seines Vaters und Staatsgründers Kim Il-sung in der letzten stalinistischen Diktatur allgegenwärtig war. Der Personenkult hatte sich nach dem Tod des Vaters im Jahr 1994 direkt auf Kim Jong-il übertragen. Er galt als exzentrisch und wurde wegen seines auftoupierten Haars, den blousonartigen Anzügen mit strammem Gummizug über dem Bauch und den Plateauschuhen im Westen oft als Witzfigur dargestellt.
Darunter litt auch die Anerkennung seiner sportlichen Leistungen: 1994, also im Jahr der grossen Machtübergabe, gelang Kim Jong-il auf dem 18-Loch-Platz außerhalb von Pjöngjang eine wahre Traumrunde. Er spielte elf sogenannte „hole in one“. Das Genie hatte somit auch im Sport ganz neue Maßtäbe gesetzt, die nie wieder auch nur annähernd erreicht werden sollten. Und damit wir diese Leistung auch richtig einordnen können, muss folgender Vergleich strapaziert werden: Die Chance, auf einer Runde Golf zwei „hole in one“ zu spielen, also direkt ins Loch zu schlagen, liegt bei 1:67.000.000. Die, einen Sechser im Lotto zu landen, bei 1:14.000.000.
Was viele Experten verwunderte, dass es sich hiebei – laut offiziellen nordkoreanischen Angaben – um die allererste Golfrunde des sportlichen Führers handelte. Eine Meldung, die das Informationsministerium in Pjöngjang aber nicht wirklich bestätigen wollte. Vielleicht auch deshalb, weil allen Menschen, nicht nur der Golf-Öffentlichkeit, noch der Weltrekord des Golf-Führers in Erinnerung war: Bereits 1991 – als dieser 18-Loch-Platz von Kim Jong-il persönlich eröffnet wurde – hatte er ganz nebenbei einen neuen Weltrekord aufgestellt. Demnach beendete der Golfgott seine Runde mit 38 unter Par. So berichtete zumindest die Reiseagentur Lupin-Travel. Eine schier unglaubliche Leistung. Aber in der Steinzeit-Diktatur ist oder war offenbar nichts unmöglich.
Von der Professional Golfers‘ Association (PGA) gibt es bis jetzt noch keine Stellungnahme zum Tod des wahrscheinlich größten Golfers aller Zeiten. Zu tief sitzt der Schock, als dass man den Schmerz mit banalen Presseerklärungen überspielen oder gar lindern könnte.
Kim Jong-il, Staatsmann und Golfer: 1941 oder 1942 – 2011