Griechenland wird seine Sparziele ganz klar verfehlen. Und trotzdem werden weiterhin EU-Gelder nach Athen fließen. Ein Bankrott Griechenlands würde angeblich unabsehbare wirtschaftliche Folgen haben. In Europa herrscht die Angst vor der Zukunft.
Bis Ende des Jahres sollen in Griechenland im öffentlichen Dienst 30.000 Stellen abgebaut werden. Darunter befinden sich 23.000 ältere Beamte, die kurz vor ihrer Pensionierung stehen. Sie sollen in eine sogenannte Reserve-Stellung mit geringer Bezahlung versetzt werden. Rund 7000 Beamte möchte die griechische Regierung einsparen, indem sie 150 staatliche Behörden zusammenlegt. Eine solche Behörden-Fusion war allerdings schon für das letzte Jahr vorgesehen, umgesetzt wurde sie bis zum heutigen Tag nicht.
So kann es niemanden verwundern, dass Griechenland seine Sparziele klar und eindeutig verfehlen wird. Statt 7,4 Prozent Neuverschuldung wird sich der Schuldenberg heuer um 8,5 Prozent (des Bruttoinlandsproduktes) erhöhen. Also sollte bzw. dürfte die nächste Milliarden-Tranche an Griechenland nicht ausbezahlt werden, wenn wir uns an die Aussagen der EU-Politiker zurückerinnern dürfen. Griechenland müsste demnach in den Bankrott geschickt werden. Doch die Politik zögert. Weil sich kein Politiker wirklich vorstellen kann oder vorstellen möchte, welchen Dominoeffekt die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands nach sich ziehen wird.
So liegt es auch nahe, dass sich Europas Finanzminister hinter der sogenannten Troika verstecken. Das sind Vertreter von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF). Sie überprüfen, ob Griechenland die Vorgaben erfüllt, die Sparziele erreicht und somit weitere Geldspritzen erhalten darf. Die Antwort muss ein klares „Nein“ sein, weil die Sparziele eindeutig verfehlt werden. Doch zu erwarten ist, dass sich die EU-Finanzminister auf eine gemeinsame Erklärung einigen, die weitere Geldflüsse nach Athen ermöglicht. Sie haben einfach nicht den Mut, sich der wirtschaftlichen Realität zu stellen. Sie wird weggeschoben, solange es nur irgendwie geht. Bis der Dominoeffekt vorstellbar wird.
Selbst die deutsche Finanzaufsicht warnt vor unvorhersehbaren Folgen:
„Der Ausfall des griechischen Staates allein würde die deutsche Bankenlandschaft zwar belasten, aber nicht zwingend in ihrer Existenz bedrohen. Sorgen machen uns vor allem die möglichen Folgeeffekte, die wir nicht zuverlässig kalkulieren können. Jede Zahl, die man da nennt, wäre relativ frei gegriffen“.
Es scheint, als hätten sogar die Griechen selbst den Glauben an ihre Rettung verloren. Eine repräsentative Umfrage zeigt, dass die meisten Griechen eine Staatspleite ihres Landes für unabwendbar halten. So erwarten zwei Drittel der Befragten die Zahlungsunfähigkeit, gab das Meinungsforschungsinstitut Kapa Research in der Athener Sonntagszeitung „To Vima“ bekannt. Nur knapp jeder Fünfte ist für die Wiedereinführung der alten Währung Drachme, die große Mehrheit möchte am Euro festhalten.
Die griechische Regierung stemmt sich weiter verbissen gegen eine Insolvenz. Was Griechenland derzeit noch rettet, sind nicht die Sparmaßnahmen der Regierung Papandreou, sondern, dass die Folgen einer Pleite Griechenlands für Europa und in die Weltwirtschaft unvorhersehbar sind. Nur deswegen wird eine Milliardenzahlung nach der anderen genehmigt werden.