Das Sicherheitsteam auf dem amerikanischen Versorgerschiff Rappahannock beschießt ein Motorboot. Die Bilanz: Ein Toter, drei Verletzte. Vieles erinnert an den Anschlag auf die USS Cole. Der Nervenkrieg im Persischen Golf droht zu eskalieren.
Am 12. Oktober 2000 begann die USS Cole gegen 10 Uhr 30 in einem geschützten Hafenbereich von Aden (Jemen) Treibstoff aufzunehmen. Einer der modernsten Zerstörer der amerikanischen Navy sollte dem Flugzeugträger USS George Washington als Geleitschutz dienen. Ziel war der Mittlere und Nahe Osten. Doch 45 Minuten später steuerte ein kleines Boot mit zwei Personen auf den Zerstörer zu, der sich in mittlerer Alarmstufe befand. Das bedeutet, dass zu diesem Zeitpunkt bewaffnete Wachen an Deck der USS Cole patrouillierten. Das kleine, mit Sprengstoff beladene Boot konnte trotzdem ungehindert weiterfahren. Es explodierte auf der Höhe der Maschinenräume. Zurückblieb ein zwölf Meter langes Loch im Rumpf des Schiffes. Siebzehn Angehörige der US Navy wurden getötet, mehr als drei Dutzend verletzt. Ursprünglich waren die jemenitischen Behörden überzeugt, dass die Explosion von der Gasturbine des Schiffes ausging. Doch sie wurden schnell von den FBI-Ermittlern widerlegt: Die Explosion fand eindeutig außerhalb des Schiffrumpfes statt.
Zwei Männer wurden 2004 von einem jemenitischen Gericht wegen der Planung des Anschlages zum Tode verurteilt: Abd al-Rahim al-Nashiri befindet sich derzeit in den Händen der Amerikaner und Jamal al-Badawi wurde letztendlich wieder freigelassen, weil er mittlerweile dem Terrorismus abschwört. Ein dritter mutmaßlicher Drahtzieher, Abu Ali al-Harithi, wurde vom CIA im Jemen mithilfe einer Drohne getötet. Zehn Jahre später, im letzten Mai, kam der Jemenit Fahd al-Quosoe, ein führendes Mitglied von al-Qaida, bei einem US-Raketenangriff ums Leben. Auch er soll in den Anschlag auf die USS Cole involviert gewesen sein.
Wer mit diesem Anschlag in irgendeiner Form in Verbindung gebracht werden kann, wird von den USA gnadenlos verfolgt. Denn der Bombenanschlag auf den Zerstörer USS Cole traf die Vereinigten Staaten schwer. Genau genommen hatte al-Qaida das zentrale Nervensystem der amerikanischen Kriegsmarine getroffen. Das wusste auch Osama bin Laden. Ein Jahr später versicherte er in einer Videobotschaft, dass „gerade dieser Anschlag, al-Qaida neuen Mut gibt, in Zukunft ähnliche Anschläge durchzuführen.“
Erst vor zwei Tagen raste ein Motorboot auf ein Schiff der US-Marine zu. Das Versorgerschiff USNS Rappahannock liegt derzeit in der Hafenstadt Jebel Ali vor Anker und gehört zur 5. US Flotte. Jebel Ali liegt 35 Kilometer südwestlich von Dubai. Den Militärangaben zufolge näherte sich das Boot absichtlich dem amerikanischen Versorgerschiff und drehte trotz wiederholter Warnungen und Warnschüsse nicht ab. Nachdem alle Versuche der US-Besatzung gescheitert seien, das Boot aufzuhalten, habe ein Sicherheitsteam an Bord das Feuer aus einem Maschinengewehr eröffnet.
„Ein indischer Fischer“, so erklärte das Außenministerium der Vereinigten Arabischen Emirate in Abu Dhabi, „ist getötet worden“. Zudem gab es noch drei Verletzte. Ersten unbestätigten Berichten zur Folge soll das Motorboot erstmals in unmittelbarer Nähe zu iranischen Hoheitsgewässern gesichtet worden sein. Die Vereinigten Arabischen Emirate und das Pentagon kündigten eine Untersuchung an. Die Erinnerung an den Anschlag auf die USS Cole ist in diesen Stunden sehr lebendig. Gleichzeitig weiß man im Pentagon, dass die iranischen Revolutionsgarden unzählige kleine Schiffe mit Raketenwerfern besitzen.
Der Kalte Krieg im Persischen Golf ist, nach den gescheiterten Atomgesprächen mit dem Iran in Moskau, in eine neue Phase eingetreten. Aus Angst, der Iran könnte seine Drohung wahr machen und tatsächlich die Straße von Hormus für Öltanker zu sperren, haben die USA bereits Ende April F-22-Kampfjets in den Emiraten stationiert. Seither tobt ein wahrer Nervenkrieg, der alle Seiten gleichermaßen provoziert und herausfordert. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Fars hat der Iran „Dutzende“ Raketen mehrerer Reichweiten getestet, darunter auch die Kurzstreckenraketen Schahab-1 und Schahab-2 mit Reichweiten zwischen 300 und 500 Kilometern. Als Ziel diente den Berichten zufolge die Nachbildung einer Armeebasis, die den US-Stützpunkten in dieser Region ähnlich sah.
Der jüngste Vorfall im Persischen Golf erinnert an den Anschlag auf die USS Cole vor zwölf Jahren. Dem kommandierenden Offizier der Cole, Commander Kirk Lippold, wurde mitsamt der Crew bescheinigt, dass sie den Anschlag nicht hätten verhindern können. Tatsache ist allerdings, dass der Senat der Vereinigten Staaten 2002 die Bestätigung der für Lippold anstehenden Beförderung zum Captain verweigerte. Der Commander wurde mit 47 Jahren in den Ruhestand entlassen.
Die USS Cole wurde repariert und im September 2001 wieder zu Wasser gelassen. Auf ihren ersten erfolgreichen Testfahrten durchkreuzte sie den Golf von Mexiko.