05 Jun 2010, Ashdod, Israel --- The Gaza-bound aid ship named "Rachel Corrie" is arriving on Saturday, June 5, 2010 to Ashdod port in southern Israel, after Israel Defense Forces soldiers boarded the ship peacefully and escorted it into Israeli territory. The move came after warnings that Israel would not allow the vessel to reach Gaza, which is under blockade by Israel, and several days after a Israeli navy takeover of another boat headed for the Hamas-ruled coastal strip ended in violent clashes and the deaths of nine passengers. "Rachel Corrie" was carrying hundreds of tons of aid including wheelchairs, medical supplies and cement. Israeli special forces soldiers used boats to board the ship, and were not air-dropped as in the nighttime takeover of the Mavi Marmara last Monday.Photo by Rafael Ben-Ari/Chameleons Eye. --- Image by © Rafael Ben-Ari/Xinhua Press/Corbis

Der Kalte Krieg im Nahen Osten

Der Iran hat zwei Kriegsschiffe nach Syrien geschickt.  Israel fühlt sich provoziert. Wird die israelische Luftwaffe iranische Atomanlagen bombardieren? Der Kalte Krieg im Nahen Osten droht zu eskalieren.

Schon vor einem Jahr hatte der Iran zwei Kriegsschiffe in das Mittelmeer geschickt. Und es waren die gleichen Schiffe, die am letzten Wochenende den Suezkanal passiert haben und nun im syrischen Hafen Tartus vor Anker liegen: das Versorgerschiff „Kharg“ und die Fregatte „Alvand„. „Beide Schiffe werden in wenigen Tagen an syrisch-iranischen Manövern im Mittelmeer teilnehmen“, erklärte der iranische Sender Iran Press. Und schon wenige Stunden später wurde über die Nachrichtenagentur AFP (Agence France-Presse) darauf hingewiesen, dass das israelische Außenministerium „alle Bewegungen der iranischen Schiffe ganz genau verfolgt. Kein Schiff darf sich der israelischen Küste nähern.“ Wie schon vor einem Jahr fühlt sich Israel provoziert. Dabei versichert der Iran diesmal, er wolle lediglich die Stärke seiner Marine demonstrieren und eine Friedensbotschaft senden.

Das klingt wenig glaubhaft. Schließlich geht es im Zuge des Arabischen Frühlings nun um Syrien. Und die Thematik Syrien hat nicht nur den UNO-Sicherheitsrat gespalten, sondern hat auch innerhalb der Arabischen Liga zwei Lager entstehen lassen. Dabei steht der Iran weiterhin hinter dem syrischen Staatschef Bashar al-Assad, der kompromisslos gegen die Demonstranten im eigenen Land vorgeht. Doch neben dem Iran hat auch Russland an der Küste Syriens, im Hafen von Tartus, Stellung bezogen. Der russische Flugzeugträger „Admiral Kusnetzow“ und das russische Wachschiff „Ladny“ liegen bereits seit vierzehn Tagen vor den Toren Syriens vor Anker. An Bord befindet sich auch eine Antiterroreinheit. Doch das militärische Kräftemessen im Nahen Osten ist, selbst wenn es die USA und Israel gerne so darstellen, kein einseitiges Muskelzucken von Bashar al-Assad-Freunden.

Denn schon seit Wochen verdichten sich die Gerüchte, dass Israels Luftwaffe einen Großangriff auf iranische Atomanlagen plant. Schließlich soll das iranische Atomprogramm auch militärischen Zwecken dienen. Davon sind aber einzig und allein die USA, Großbritannien und Israel restlos überzeugt. Um eine iranische Atombombe zu verhindern, sollen nun israelische Bomber das iranische Atomprogramm in die Steinzeit zurückbomben. Doch eine solche Eskalation im Nahen Osten muss verhindert werden. Vor allem aus amerikanischer Sicht, weil die USA als Schutzpatron Israels unweigerlich in einen militärischen Konflikt hineingezogen werden. Eine friedliche Lösung des Nahost-Konflikts wäre dann nicht einmal mehr theoretisch möglich.

So verwundert es auch nicht, dass die USA auf diplomatischer Ebene alles versuchen, um Israel von Luftangriffen auf die iranischen Atomanlagen abzuhalten. Die New York Times zitiert in diesem Zusammenhang amerikanische Militärexperten, die eine solche Operation bereits durchdacht haben:

Um eine solche Operation durchzuführen, wären insgesamt 100 Kampfjets notwendig. Israel würde die Route über Jordanien und den Irak wählen, weil es im Irak keine Luftabwehr gibt. Die F15- und F16-Kampfjets der israelischen Luftwaffe müssten für diesen 3200-Kilometer-Trip in der Luft betankt werden. Dabei ist es aber fraglich, ob Israel über genug Tankflugzeuge verfügt. Die Piloten würden 1600 Kilometer über feindlichen Luftraum fliegen. Das setzt wiederum voraus, dass auch die massive iranische Luftabwehr ausgeschaltet wird.  Und schließlich müssten vier verschiedene, zum Teil in den Boden vergrabene Atomanlagen (in Natans und Fordo, in Arak und Isfahan)  gleichzeitig bombardiert werden.  Selbst wenn Bomben des Typs Massive Ordnance Penetrator  eingesetzt werden, ist nicht sicher, ob die unterirdischen Atomanlagen auch tatsächlich zerstört werden. Verschiedenste Nachrichtendienste sind sich einig, dass die iranischen Atomanlagen teilweise bis zu 90 Meter unter Felsgestein oder unter meterdicken Betondecken verborgen liegen.“

Eine solche Operation könnte also, wenn es nach den amerikanischen Militärexperten geht, die Grenzen der israelischen Luftwaffe ganz deutlich aufzeigen. Auch deshalb, weil die neuersten  F-35 Kampfjets des US-Rüstungskonzerns Lockheed Martin erst in drei bis fünf Jahren nach Israel geliefert werden. Dabei handelt es sich um Kampfflugzeuge der „fünften Generation“, die über Tarnkappen-Technologie verfügen und somit von Radaranlagen nicht geortet werden können. Ein F-35 Jet kostet rund 100 Millionen Dollar. Israel hat 20 Kampfjets bereits bestellt und sich eine Option auf weitere 75 Kampfjets gesichert.

Das militärische Großaufgebot vor dem syrischen Hafen Tartus und das Aufrüsten im gesamten Nahen Osten zeigen, dass wir es mit einem neuen Kalten Krieg zu tun haben. Und das in einer alten Krisenregion. Hier wird auch die Debatte rund um das iranische Atomprogramm immer weiter vorangetrieben. Aus sicherheitspolitischen Überlegungen heraus, wie immer wieder betont wird. Dabei wird sehr gerne vergessen, dass Israel tatsächlich Atomwaffen besitzt, die Beweisführung für ein iranisches Atomwaffenprogramm stützt sich aber immer noch auf viele Vermutungen.

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