Antriebsperspektiven

Die Debatte um den Öko-Antrieb hat neuen Zündstoff bekommen, seitdem der Kanzler die Republik in seiner Perspektivenrede 2030 als „Autoland“ bezeichnet hat.

Die Vorgaben liegen klar und eindeutig formuliert auf dem Tisch. In der EU sollen ab dem Jahr 2035 nur noch Neuwagen mit Elektromotor oder mit E-Fuels zugelassen werden. Der Wettlauf um Rohstoffe wie Lithium und Nickel, Mangan und Kobalt hat längst begonnen. Es sind die wichtigsten Bausteine für gängige Hochleistungsbatterien.

Lithium-Ionen-Batterien sind und waren die Voraussetzung für die Erfolgsgeschichte Marke Tesla. Vergessen wird dabei oftmals, dass der Abbau des Leichtmetalls Lithium (fast ausschließlich in Chile und China, Australien und Argentinien) nur durch den Einsatz von Chemikalien möglich ist, wobei auch Schwermetalle freigesetzt werden und so in die Umwelt gelangen. Doch ökologische Bedenken wurden bis jetzt als das bekannte geringe Übel in Kauf genommen, denn der Weg zurück zu den fossilen Treibstoffen ist undenkbar, alternative Kraftstoffe sind die Zukunft, denn egal wo wir leben, der Klimawandel hat längst begonnen.

Ob es allerdings die Lithium-Ionen-Batterie sein wird, die unsere Automobile in eine umweltfreundlichere Zukunft chauffiert, darf ernsthaft in Frage gestellt werden. Lithium-Vorkommen sind begrenzt und Lithium-Ionen-Akkus werden für unzählige verschiedene Produkte verwendet: vom drahtlosen Kopfhörer bis zum Riesenspeicher von Kraftwerken. Zudem ist sein Abbau sehr kostenintensiv. Eine Tonne Lithiumcarbonat in Batteriequalität kostete im vergangenen Jahr 37.000 US-Dollar – Tendenz steigend. So wird weltweit immer mehr Geld in die Hand genommen, um nach Alternativen zu forschen.

Der Lithium-Ersatz

Gesucht und geforscht wird weltweit. Auch in Österreich, wo zu Jahresbeginn das Forschungsprojekt „Magnifico“ angelaufen ist. Wissenschafter des Austrian Institute of Technology (AIT) und des Instituts of Science and Technology Austria (ISTA) gehen der Frage nach, wie vielversprechend Magnesium-Ionen-Batterien (MIB) aufgrund ihrer speziellen Zellchemie primär für stationäre Energiespeichersysteme sein könnten. Wegen seiner günstigen elektrochemischen Eigenschaften soll Magnesium für Batterie-Elektroden einsetzt werden. „Unser Ziel ist es, die bestmögliche Oberfläche für eine Magnesium-basierte Anode zu synthetisieren“, erklärt Magnifico-Projektleiterin Dr. Martina Romeo vom AIT Center for Low-Emission Transport gegenüber der Austria Presse Agentur (APA). Solch eine Anode wolle man anschließend mit einer verfügbaren Mangan-basierten Kathode zusammenschließen, und damit einen Machbarkeitsbeweis für eine Magnesium-Batterie liefern. Die elektromagnetischen Eigenschaften von Magnesium garantieren dabei eine wesentlich höhere Energiedichte als Lithium-Batterien. Somit wird die MI-Batterie nicht nur kleiner, sondern auch billiger. Eine Tonne Magnesium kostete im letzten Jahr lediglich 4.700 US-Dollar, also rund ein Neuntel verglichen zum Lithiumcarbonat-Preis. Einsetzen könnte man Magnesium-Ionen Batterien beispielsweise als lokale Energiespeicher oder in intelligenten Energienetzen.

Magnesium ist das achthäufigste Element der Erdkruste. Sein Abbau ist wesentlich umweltverträglicher als jener von Lithium. Das bergfreie Rohmagnesit wird auch in Kärnten, Tirol und der Steiermark so­wohl ober­tä­gig als auch un­ter­tä­gig ge­won­nen. Magnesium wird in Form von raffiniertem Magnesium und Magnesiumlegierungen nach Deutschland importiert und dort weiterverarbeitet. Die Hauptlieferländer Deutschlands für Magnesium waren 2015 China (55 %), die Tschechische Republik (12,5 %), Österreich (10,6 %) und die Niederlande (10,1 %). Die beste Ausgangsposition für die Erzeugung von MI-Batterien hat China, wo etwa 85 % des gesamten Magnesiums produziert werden. Der Wirtschaftsgigant verfügt auch über die weltweit größten Kapazitäten zur Raffinierung von Magnesium (ebenfalls ca. 85 %).

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„Wenn das Projekt Magnifico gute Resultate liefert, ist dies also prinzipiell auch positiv für die österreichische Wirtschaft“, meint die Forscherin Dr. Romeo abschließend im APA-Gespräch.

Anwendungsgebiete des Magnesiums

 

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Quelle: Öko-Institut e.V. nach IMA 2017

Der Natrium-Ersatz

Dass hinter den milliardenschweren Batterieforschungsprojekten gigantische Geschäftsinteressen und Geschäftschancen stecken, ist logisch und verständlich zugleich. Batterien sind im Rahmen der E-Mobilität die teuerste Komponente von E-Autos, die für ein Durchschnittseinkommen oft noch unerschwinglich sind. Deswegen hat der chinesische Batteriegigant CATL (Contemporary Amperex Technology) bereits vor zweieinhalb Jahren eine Alternative in Aussicht gestellt, nämlich, dass bei Autobatterien künftig Natrium statt Lithium als Leiter zwischen Kathode und Anode fungieren soll. Das war kein revolutionäres Gedankenkonstrukt, weil die Vorteile einer solchen Batterietechnologie schon sehr lange in der Theorie bekannt waren: Batteriezellen, die mit Natrium-Ionen zwischen Plus- und Minuspol fließen, haben bis zu -20 Grad C immer noch eine besonders hohe Ladegeschwindigkeit und sind nicht so leicht entflammbar wie Lithium-Ionen-Baterrien.

Das chinesische Unternehmen Hina Battery präsentierte zu Beginn des Jahres den Kleinwagen Sehol E10X mit einem Natrium-Ionen-Akku, der mit 25 Kilowattstunden skaliert wurde und mit einer Ladung ca. 250 Kilometer weit fahren kann. Das ist, verglichen mit Lithium-Ionen-Akkus, ein relativ schlechter Wert, trotzdem aber durchaus konkurrenzfähig. Vor allem, wenn man den Sehol E10X mit anderen Kleinwagen vergleicht: der Sehol ist um 30-40 Prozent günstiger, kostet unter 10.000 Euro und die Ladezeit seiner Batterie ist bedeutend kürzer. Obwohl diese Technologie noch in den Kinderschuhen steckt, hat die Natrium-Batterie bereits eine Lebensdauer von 2000 – 3000 Ladezyklen.

Sobald die Lieferketten ausgebaut sind und die Serienproduktion in vollem Gang ist, wird auch der Anschaffungspreis weiter sinken. „Und sofern es auch zu einer Verbesserung der Energiedichte kommt und das Potential für Materialeinsparungen weiter ausgenützt wird“, werden sich die Produktionskosten, laut dem Forschungsdienst der Nachrichtenagentur Bloomberg (BNEF), weiter reduzieren lassen. Letztendlich könnten Natrium-Ionen-Zellen künftig nur noch halb so teuer sein wie Lithium-Eisenphosphat. Natrium, es ist ein wesentlicher Bestandteil von Salz, zählt somit zu den Elementen, die am häufigsten auf der Erde zu finden sind und kostet zudem nur einen Bruchteil von Lithium.

Das Beste aus beiden Welten

Selbst wenn die Batterieforschung immer wieder Alternativen aufzeigt, eine ernsthafte und dauerhafte Ablöse der Lithium-Batterie durch einen Natrium-Akku ist nicht in Sicht. Vielleicht nicht einmal in China, weil es dort kaum natürliche Vorkommen vom Ausgangsstoff Natriumkarbonat gibt und das Land demnach auf seine künstliche Erzeugung angewiesen ist, die ökologisch äußerst bedenklich ist, was andererseits aus chinesischer Sicht noch sehr selten ein Grund war umzudenken.

Im Westen beschäftigt sich das französische Unternehmen Tiamat Energy bzw. Altris aus Schweden mit der Entwicklung und Herstellung von Natrium-Inonen-Akkus. In den USA ist Natron Energy führend, in Großbritannien AMTE und Faradion. Sie alle setzen aber, so wie Deutschlands Altech Chemicals, primär auf die Entwicklung von Natrium-Batterien für Fotovoltaik- und Windparkanlagen, denn in diesen Bereichen dürfte die Natrium-Errungenschaft viel früher serienmäßig bzw. massenhaft eingesetzt werden.

Experten erwarten in den nächsten Jahren auch Kombinationen von Lithium-Ionen- und Natrium-Ionen-Technologie. Chinas Batteriehersteller CATL hat bereits Andeutungen in diese Richtung gemacht: mit einer Kombination von unterschiedlichen Zellen innerhalb einer Hybridbatterie soll das Beste aus beiden Welten vereint werden – größere Reichweite mit kurzen Ladezeiten.

0,8 kg H2 auf 100 Kilometer

Irgendwann sollten sich Forschungsgelder rechnen, schließlich darf die Aussicht auf milliardenschwere Gewinne kein Wunschtraum bleiben. Mit diesem Kalkül hat sich die chinesische Akademie der Wissenschaften an den größten nationalen  Batterie-Forschungsprojekten im Land beteiligt. Letztendlich war es aber auch die Erkenntnis, der Verbrennungsmotor hat ökologisch bedingt ein Ablaufdatum, wodurch das Elektroauto wie der hellste Stern am Mobilitätshimmel zu leuchten begann. Wer unbedingt ökologisch unterwegs sein möchte, kauft sich schon aus Mangel an Alternativen ein E-Auto. Dabei werden die ökologischen Bedenken, die die Batterien-Herstellung begleiten, gerne wie ein lästiger Betriebsunfall übergangen, die Entsorgungsproblematik ausgedienter Akkus oftmals überhaupt nicht erwähnt.

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Erst wenn die Batteriemodule ausgebaut und entladen sind, kann mit dem Recycling begonnen werden. Mindestens 50-Prozent, so eine EU-Vorgabe, vom Gewicht einer LI-Batterie müssen wiederverwertet werden. Österreichweit haben es die Entsorger derzeit mit rund 200 Tonnen alter E-Auto-Batterien pro Jahr zu tun. Doch diese Zahl wird sich in Zukunft dramatisch erhöhen, weil es derzeit keine echten Alternativen zum E-Auto gibt. Experten rechnen für das Jahr 2030 mit 10.000 bis 20.000 Tonnen ausrangierten, mehrere 100 Kilogramm schweren Akkus, für 2040 werden bereits 100.000 Tonnen jährlich prognostiziert. Somit führt auch kein Weg an der Weiterentwicklung von Recyclingmethoden vorbei.

Außer der Wasserstoffmotor setzte zum Höhenflug in den Mobilitätshimmel an: Eine Brennstoffzelle ersetzt die Batterie und lässt mit einer chemischen Reaktion (Umkehrung der Elektrolyse) zwischen Wasserstoff und Sauerstoff Strom entstehen, mit dem dann der Motor und somit das Fahrzeug angetrieben wird.

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Wasserstoffautos können nur an einer Zapfsäule mit Wasserstoff betankt werden, der einzige Auspuffausstoß ist Wasserdampf. Wasserstoff selbst ist das häufigste Element im Universum, es wird in absehbarer Zeit also nicht zur Neige gehen wie beispielsweise Erdöl.

Kaum einzuschätzen ist, ob oder wann dem Wasserstoffantrieb der Durchbruch gelingen kann. Dabei sind die Voraussetzungen nahezu perfekt: ein Wasserstoffauto lässt sich in ca. 5 Minuten voll betanken und hat eine Reichweite eines durchschnittlichen Dieselfahrzeuges unserer Zeit. Aber solange Wasserstoff nicht in gleichem Maße als zukünftige, emissionsfreie Technologie für Autos (an)erkannt wird wie Elektro, werden Wasserstoffautos ein Nischenprodukt bleiben. Wer fördert schon gerne Nischenprodukte? Der Wasserstoffantrieb wird so lange zum Außenseiter degradiert sein, bis mithilfe von Forschungsgelder Alternativen zur kostspieligen und umweltschädlichen Herstellung von Wasserstoff-Fahrzeugen gefunden werden.

Wer mit seinem Wasserstoffauto eine Urlaubsreise ins Auge fasst, der muss außergewöhnlich sorgfältig planen, denn Wasserstoff-Tankstellen haben Seltenheitswert. Deutschland zählte im letzten November rund hundert, in Österreich gibt es gerade einmal fünf ÖMV-Wasserstofftankstellen, wo die insgesamt 62 hier gemeldeten Wasserstoff-PKW auftanken können. Doch das Umweltbewusstsein hat mittlerweile seinen Wasserstoff-Preis: 27,99 Euro pro Kilogramm – dreimal so viel wie noch vor 12 Monaten und doppelt so viel wie beim deutschen Nachbarn.

Übrigens: Das Wasserstoff-Auto verbraucht durchschnittlich 0,8 kg H2 auf 100 Kilometer.

Dieser Beitrag wurde erstmals am 7. MAi 2023 auf der Webpage des Hayek-Institurs publiziert.

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